Als wir auf dem Kandlwaalhof in Laas eintreffen, ist die Aprikosenernte voll im Gange. Die tagesfrische Ernte von rund 100 kg wird sofort per Hand entsteint und mit einer Maschine geschnitten. Dann werden die Früchte auf Horden verteilt und kommen zum Lufttrocknen in einen der vier Trockenschränke. Getrocknet wird mit einer Niedertemperatur von maximal 56 °C. Dabei gilt: Wer da ist, packt mit an. Ich helfe ebenfalls mit, zum Fragen stellen ist später noch Zeit.
Vielfalt vom Feld
„Die Ausbeute beim Trocknen von Marillen ist mit 13 % sehr gering“, erklärt mir Direktvermarkterin Nadja Luggin (41) und wirft beiläufig einen kurzen Blick auf den frischen Wespenstich an ihrer Hand. „Das lässt sich bei der Obstverarbeitung nicht vermeiden“, sagt sie gelassen. Die fertige Ware wird nach dem Trocknen in geschlossene Kübel verpackt und kommt ins Lager. Im Herbst lagern dort über 500 Behälter, randvoll gefüllt mit leckeren getrockneten Früchten und Kräutern. Abgepackt und weiterveredelt wird je nach Bedarf und Anfrage.
Nadja Luggin und ihr zehn Jahre jüngerer Bruder Joachim verstehen sich als Team in Sachen Anbau und Verarbeitung von Bioobst. Neben ihrem 5 ha großen Hof bewirtschaften sie gemeinsam mit den Eltern Karl und Gertraud seit einem Jahr einen 20 ha großen Betrieb in der Toscana. Während auf dem Heimathof der Fokus auf dem Anbau von Äpfeln sowie Erdbeeren, Aprikosen, Pflaumen, Birnen, Kräutern und Co. liegt, gedeihen in der sechs Stunden entfernt liegenden Toscana neben Äpfeln und Kartoffeln besonders gut Trauben, Feigen und Oliven.
Künftig wollen die Geschwister ihren Anbau von Senf, Popkornmais und Hanf ebenfalls dorthin verlagern. Die Vielfalt auf dem Feld lässt erahnen, wie umfangreich die Produktpalette im Hofladen ist. Dabei gilt: Die gesamte Ernte wird verarbeitet und alles, was verkauft wird, stammt aus eigener Produktion. Neben Trockenfrüchten und Apfelsaft vermarkten die Fruchtveredler 20 Sorten Essig, Apfel-Balsamico und -wein, außerdem sieben Sorten Senf, süßes und pikant gewürztes Popcorn in der Tüte sowie Kräutersalz und Konfitüre. Dabei macht die Vermarktung veredelter Äpfel rund 70 % des Gesamtverkaufs aus.
Sortenrein, gemischt oder rot
Bis zu 60 000 l naturtrüben Apfelsaft verkauft der Betrieb pro Jahr, gemischt abgefüllt zu jeweils 50 % in 1-l-Flaschen und 5-l-Bag-in-Box-Kartons. „Wir verarbeiten Sorten wie Jonagold, Golden Delicious, Delia, Pinova und Kanzi“, berichtet Landwirt Joachim Luggin. Etwa 4 000 l füllen die Geschwister sortenrein ab. Ob sortenrein oder gemischt: Der Saft kostet im Verkauf je Literflasche 2,50 € und in der 5-l-Bag-in-Box 9,50 €. Darüber hinaus hat sich die Familie auf die Vermarktung der alten Apfelsorte „Weirouge“ spezialisiert. Das rote Fruchtfleisch enthält zehnmal soviel Anthocyane wie herkömmliche Apfelsorten. Der Apfel enthält außerdem viel Apfelsäure, weshalb die Frucht nicht verbräunt. „Der Saft glänzt natürlich rot und schmeckt wie Johannisbeersaft“, schwärmt Nadja Luggin. Sie füllt den besonderen Saft in 750-ml-Flaschen für 3 € ab und verkauft ihn im 3-l-Gebinde für 8 €. Aufs Jahr gesehen vermarktet der Familienbetrieb rund 20000 l von dem edlen Saft. Die Nachfrage ist so groß, dass er in der Regel bereits im Frühsommer ausverkauft ist.
Als getrocknete Frucht in der Tüte ist Weirouge ebenfalls ein Topseller im Sortiment. „Unsere Trockenfrüchte bieten wir sortenrein und gemischt zum Verkauf an“, erklärt Joachim Luggin. Da bei Erdbeeren die Ausbeute nur bei 6 % liegt, kosten 40 g 4,50 € im Verkauf. Marillen gibt es im 50-g-Beutel für 4 €, getrocknete Birnen und Pflaumen bei gleicher Gebindegröße für 3 €. 50 g Apfelringe kosten 2,50 €, 100 g 3,50 €. Gemischte Früchte gehen für 3,70 und 4,50 € pro Tüte in den Verkauf.
90 % Wiederverkauf
Die Betriebsleiter haben schnell erkannt, dass die sonnige Höhenlage des Betriebes zwar gute Ernteerfolge bringt, nicht aber genügend Kunden. Der Hof liegt zu weit ab vom Schuss, deshalb vermarkten die Geschwister ihre Erzeugnisse zu 90 % über Wiederverkäufer. Während Joachim Luggin donnerstags die bestellte Ware in Südtirol und Oberitalien selbst ausliefert, gehen Bestellungen aus Österreich und Deutschland per Frachtversand an die Geschäftskunden.
Mindestens einmal pro Woche füllt sich der 30 m2 große Gewölbe-Hofladen dennoch. Dann legt eine Reisegruppe mit bis zu 50 Personen hier einen Stopp ein und lässt sich von den vielen Fruchtideen verführen. Apropos Ideen: In der nächsten Saison soll es erstmals getrocknete Feigen und Trauben geben. Die Testphase läuft auf Hochtouren, erfahre ich. Ein Nagelbrett zum Aufpiksen der Trauben verspricht bereits sehr gute, wenn auch arbeitsintensive Edelrosinen. Ich bin gespannt.
Die Fruchtveredler aus Südtirol bei der Arbeit.