Sind reduzierte Öffnungszeiten oder geänderte Rezepturen ein Weg, um Kosten zu sparen? Wie können Direktvermarkter:innen den Verkauf ankurbeln? Wie sollten Preiserhöhungen kommuniziert werden?
Das sind nur einige der Fragen, die sich Direktvermarkter:innen zurzeit stellen. Wir haben drei Expterinnen zum Interview eingeladen und genau darüber mit ihnen gesprochen.
Die Interviews finden Sie ab dem 3. September bei Instagram in unserer Story sowie auf unserem Youtube-Kanal.
Das Interview mit Beraterin Sabine Hoppe von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen lesen Sie heute schon hier.
HOFdirekt: Der Umsatzrückgang trifft viele Direktvermarkter. Wie können Landwirt:innen Kosten sparen? Sollten sie beispielsweise die Öffnungszeiten einschränken, um Personalkosten zu sparen?
Sabine Hoppe: Das ist abhängig von Standort und Sortiment. Für Betriebe mit einem beschränkten Angebot bietet es sich eher an als für Hofläden mit Vollsortiment. Bei letzteren erwarten die Kunden, jeden Tag einkaufen zu können. Direktvermarkter:innen sollten sich die Umsätze an einzelnen Tagen anschauen, um den richtigen Schließungstag zu finden. Die reduzierten Öffnungszeiten müssen gut kommuniziert werden und auf keinen Fall negativ. Positiv klingt zum Beispiel: „Wir nehmen uns mehr Zeit für die Herstellung neuer Produkte. Ab 15. September bleibt der Hofladen dienstags geschlossen.“ Die Begründung, dass Personal fehlt und alles teurer wird, können viele Verbraucher nicht mehr hören.
HOFdirekt: Gibt es bei Rezepturen und Sortimenten Einsparpotenzial?
Sabine Hoppe: Bei den Rezepturen wäre ich sehr vorsichtig, denn die Qualität ist Ihr dickstes Pfund als Direktvermarkter. Die darf nicht leiden. Bei den Sortimenten gibt es oft großes Einsparpotenzial. Jetzt ist Zeit, Renner-Penner-Listen zu erstellen und die Penner konsequent aus dem Sortiment zu nehmen.
HOFdirekt: Welche Gefahr birgt striktes Sparen?
Sabine Hoppe: Margarine statt Butter, billiges Öl im Pesto – wenn die Qualität der Produkte leidet, merken das die Kunden – ebenso wie schlechteren Service etwa durch eine zu knappe Besetzung im Hofladen. Beim Personal zu sparen kann gefährlich werden. Fachkräfte sind schwer zu bekommen, deshalb sollten Betriebe versuchen, ihre Mitarbeiter zu halten.
HOFdirekt: Was können Direktvermarkter tun? Welche Botschaften „ziehen“ noch bei den Kunden?
Sabine Hoppe: Betonen Sie in der Kundenkommunikation weiterhin die Qualität, die handwerkliche Herstellung, die absolute Frische. Um Preiserhöhungen werden die Betriebe nicht herum kommen. Versuchen Sie, auch diese positiv zu erklären: „Damit unser Salat so knackig bleibt, wird er sofort gekühlt. Die Energiekosten steigen, deshalb kostet der Kopf jetzt 1,60 €.“ Und: Auch wenn Tierwohl und Regionalität dem Anschein nach gerade nicht so hoch im Kurs stehen, bleiben diese Werte ebenso wie die gesicherte Herkunft und die Versorgungssicherheit für die Kunden ein Thema. Versuchen Sie, Ihre Kunden zu halten, auch wenn sie seltener kommen und weniger kaufen.
HOFdirekt: Wie schätzen Sie zukünftig die Lage ein?
Sabine Hoppe: Im Moment kommen viele Dinge zusammen: Die Verbraucher halten wegen der Preissteigerungen ihr Geld zusammen und sie holen Freizeitaktivitäten nach. Gleichzeitig haben die Hofläden während Corona sehr gute Umsätze erzielt, deshalb ist die Fallhöhe enorm. Einige Höfe berichten von Umsatzrückgängen bis 30 %. Vor allem für Betriebe, die erst während der Pandemie gestartet sind, sind solche Zahlen hart. Ich persönlich glaube trotzdem, dass es wieder besser wird. Die Werte, für die Direktvermarkter stehen, werden wieder ins Bewusstsein rücken.
Das Interview führte Ute Heimann