Damit Kartoffeln bereits ab Ende Juni, idealerweise schalenfest, bei höheren Marktpreisen geerntet werden können, muss auf eine exakte Vorbereitung von Pflanzgut und Pflanztechnik geachtet werden. Wichtig für früh auflaufende, gleichmäßige Kartoffelbestände sind Knollen möglichst einheitlichen Kalibers und gleicher Keimanzahl und Keimlänge. Dieses sorgt zumindest in der Theorie für gute, einheitliche Knollenansätze mit gleichmäßiger, marktfähiger Sortierung.
Wie Pflanzgut auf dem Hof lagern?
Nach Bezug und Eingangskontrolle des Pflanzgutes sollte dieses umgehend aus den Big Bags oder Säcken in Vorkeimkisten gefüllt werden, um Schwitzschichten zu verhindern. Entstehende Feuchte kann die unerwünschte Ausbreitung von Silberschorf, Fusariosen und punktuelle Keimung begünstigen. Big Bags und Säcke sind nur Transportmittel und keine Lagerbehälter. In ihnen ist keine ausreichende Durchlüftung sichergestellt. Das kann besonders für ein im Jahr 2023 vielfach unter extremer Nässe erzeugtem Pflanzgut noch von hoher Wichtigkeit und schlummernder Gefahr sein! Um für eine Eingangskontrolle mehr über das physiologische Alter und den aktuellen Zustand der Triebkraft zu erfahren, sollten 10 kg bei Zimmertemperatur >20 °C und Dunkelheit gelagert werden. Die ersten Partieunterschiede werden so schnell sichtbar. Die Anzahl der gekeimten Augen lässt einen Rückschluss auf das physiologische Alter der Knolle zu. Wird bei der Kistenbefüllung festgestellt, dass bereits eine Keimung stattgefunden hat, sollte auf eine homogene Abkeimung geachtet werden. Es dürfen keine ungleichmäßig gekeimten Partien aufgestellt werden. Dieses führt zu unterschiedlichen Keimlängen und Knollenentwicklungen. Einige Sorten vertragen keine Abkeimung. Im Notfall ist auch ein Temperaturstoß nötig.
Wie soll vorgekeimt werden?
Eine Standardsortierung für Pflanzkartoffeln kann zum Beispiel 35/55 mm für rundovale bis ovale oder 30/45 mm für lange Sorten betragen. In Abhängigkeit vom Angebot variieren die Sortiermaße und folglich auch die Anzahl potenzieller Augen je Knolle sowie die Triebkraft. Dadurch ist nicht für jede Knolle immer die richtige Ablagetiefe gewährleistet. Die Folgen einer weiten Sortierung sind ungleichmäßiger Aufgang und eine ungleiche Bestandesentwicklung. Sogenannte „Gebrochenes Pflanzgut“ führt als Kompromiss zu deutlich homogeneren Feldbeständen.
Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren mit unterschiedlichen Zielen, um Kartoffeln vorzukeimen:
Kistenvorkeimung mit kurzen, stabilen Lichtkeimen. Der Vorteil des Verfahrens ist die geringe mechanische Belastung der Keime. Sie eignet sich für die Handpflanzung sowie halb- und vollautomatische Pflanzung.
Sackvorkeimung mit homogener Erwärmung des Pflanzgutes. Der Nachteil des Verfahrens ist die hohe mechanische Belastung beim Entleeren der Vorkeimsäcke. Es eignet sich nur für vollautomatische Pflanzung, Keime über 0,5 mm Länge brechen ab.
Der Vorkeimraum muss eine Luftzirkulation gewährleisten, also etwa ein Viertel der Raumhöhe freihalten. Dadurch wird eine notwendige, regelmäßige CO2-Abfuhr erreicht. Um eine Lichteinwirkung auf die zu keimenden Knollen zu verbessern, ist der Einsatz der neuen, transparenten Vorkeimkiste empfehlenswert. Man muss zwischen den Kisten durchsehen können. Um eine effektive Belichtung sicherzustellen, dürfen die Vorkeimkisten nicht höher gestapelt werden als die Länge der Vorkeimleuchte (maximal 1,5 m).
Ein weiterer Parameter zur Steuerung der Vorkeimung ist die Temperatur. Die Temperatur im Vorkeimraum, im Winter durchaus bei 4 bis 6 °C, muss sich an den beabsichtigten Pflanztermin anpassen. In 2023 war das durch sehr späte Pflanzungen schwierig zu realisieren. Hiermit kann man das Keimwachstum drosseln. Mit einem „Wärmestoß“ (20 °C) lässt sich bei keimträgen Sorten das Keimen aktivieren. In keimfreudigen Sorten wird bei niedrigen Temperaturen die Keimung gebremst. Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit beschleunigt das Bewurzeln der Keime.
Keime über 2 cm führen sehr schnell zu Keimabbruch. Mit jedem gebrochenen Keim bricht auch die „Apikale Dominanz“ der Knolle mit der Folge, dass statt weniger dicke viele kleine Knollen angesetzt werden.
Ernteverfrühung Kartoffeln
Nach Pflanzen, Anhäufeln und Unkrautbekämpfung erfolgt im Frühkartoffelanbau die sofortige Folienauflage. Ziel ist es, den Damm schneller zu erwärmen und die vorgekeimten Knollen bei Kälte schnell zum Weiterwachsen anzuregen. Wurzelwachstum ist bereits ab 5 °C, Stängelwachstum erst ab 8 °C möglich. Die optimale Bodentemperatur für die Keimung liegt bei 12 bis 15 °C. In der Praxis eingesetzte Lochfolien und Vlies haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Durch eine Kombination von Vlies (unten) und Folie (oben) werden die jeweiligen Schwächen ausgeglichen und der Aufgang beschleunigt. Die Kosten sind allerdings deutlich höher.
Lochfolie
Vorteile:
• hoher Glashauseffekt (schneller warm)
• bester Verfrühungseffekt
• kostengünstiger als Vlies
• weniger Knollen als bei Vlies (diese aber schneller groß)
Nachteile:
• hoher Glashauseffekt, überhitzt schnell
• hohe Temperaturdifferenz durch schnelle Nachtabkühlung
• windempfindlich
• mehr Kontrollaufwand
Vlies
Vorteile:
• schwacher Glashauseffekt, schützt vor Überhitzung, geringe Temperaturdifferenzen
• besserer Frostschutz
• weniger Kontrollaufwand
• gleichmäßige Verteilung des Beregnungswassers
Nachteile:
• verzögert die Erwärmung
• Bestände sind etwas später
• teurer als Folie
Ein- oder mehrphasig pflanzen?
Auch die Pflanztiefe bestimmt das Auflaufverhalten und beeinflusst die Lage des Knollennestes. Je nach Sorte wird in der Praxis bei 2 cm flacherer Pflanzung der Aufgang um zwei bis drei Tage verfrüht. Eine um 2 cm tiefere Pflanzung hingegen steigert die Auflaufprobleme und schiebt den Rodezeitpunkt um eine Woche nach hinten. Je nach Bodenart, Sorte und Triebkraft muss die optimale Tiefe gewählt werden. Generell gilt, je schneller der Auflauf, umso geringer sind die Angriffsmöglichkeiten für bodenbürtige Pathogene wie Rhizoctonia solani.
In Westfalen-Lippe werden aktuell noch, aber deutlich rückläufig, viele Kartoffeln im sogenannten geteilten Verfahren in zwei Arbeitsgängen, also Pflanzen und Dammaufbau durch Dammfräse, selten auch noch Anhäufeler, gepflanzt. Zur Optimierung der Pflanz- und späteren Erntequalität wird vereinzelt auch die Dammfräse als Vollflächenfräse aufgestückt und vorab vor dem Pflanzen zur Herrichtung eines tiefgründigen, feinen Pflanzhorizontes eingesetzt. Der Trend aber geht deutlich hin zum All-in-one-System, bei dem beide Arbeitsgänge vom Pflanzen und einer vorgeschalteten Vollflächenfräse bis hin zum Dammaufbau in einer einzigen Überfahrt kombiniert werden. Dieses Verfahren ist zunehmend bei Lohnunternehmern und in größeren Betrieben bereits deutlich mehr verbreitet. Beide Verfahren gibt es je nach Schlepperleistung zweireihig oder vierreihig. Die Verfahren haben grundsätzlich Vor- und Nachteile. Das All-in-one-System gewährleistet einen absolut exakten Dammaufbau gleichmäßig über alle Knollen aller Reihen, auch bei leichten Hanglagen. Wird das Pflanzen noch unterstützt mit digitalen Lenksystemen wie GPS oder RTK, erhält man bilderbuchhafte Schläge. In kalten, nassen Frühjahren aber kann ein stabiler, optisch oft zementiert wirkender Damm bei vielleicht noch zu früher, feuchter Pflanzung besonders auf Lehmstandorten den Auflauf erschweren. Hier kann ein terminlich nachgeschalteter, späterer Dammaufbau einschließlich Lockerung deutlich hilfreicher sein, wie man im Jahr 2023 häufig sehen konnte.
Neuere, moderne Pflanzmaschinen, wie von Grimme oder anderen Herstellern, kombinieren mittlerweile acht Arbeitsschritte. Sie erledigen aktive Bodenbearbeitung, Düngerausbringung, Applikation von Granulaten, Furchenbehandlungsmittel und Flüssigbeize, Legen, Dammaufbau und den Erosionsschutz in einer Überfahrt. Vielfältige Einstellmöglichkeiten, gepaart mit einer guten Kalibrierung des Pflanzgutes, ermöglichen eine hohe Legegeschwindigkeit. Ein Wechselrahmen für die Bodenbearbeitungsgeräte ermöglicht zudem eine optimale Anpassung an die jeweiligen Bodenbedingungen. Moderne Maschinen lassen sich optional mit Lösungen zur Realisierung von Clever Planting, Section Control und der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung anhand von Applikationskarten erweitern.
Häufig mit Becherwerk
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Systeme der Pflanzaggregate, die Becher- und die Riementechnik. In der Praxis haben sich mit einem Anteil von etwa 90 % die Becherpflanzmaschinen deutlich durchgesetzt. Sie sind durch ihre einfachere Bauart zum einen deutlich preiswerter und zum anderen können höhere Flächenleistungen gefahren werden. Hier fallen die Knollen, ideal 40/60er-Sortierung, rundoval und möglichst einheitlich, vom Bunker auf ein senkrechtes Gummiband mit Bechereinsätzen. Optimal kann eine Pflanzgeschwindigkeit von 5 bis 6 km/h gefahren werden. Bei langen Sorten (etwa Cilena, Allians, Annabelle), groß fallendem oder unförmigem Pflanzgut muss die Geschwindigkeit häufig deutlich auf bis zu 1,5 bis 2 km/h reduziert werden, um keine Fehlstellen im Damm zu provozieren. Zusätzlich wird durch einen elektrischen und in der Intensität verstellbaren Rüttler das Becherband in Vibration gebracht, um gerade bei kleineren Knollen nur eine Einfachbelegung im Becher zu gewährleisten.
Um bei ganz kleinem sogenannten Drillingspflanzgut keine Doppelbelegung zu bekommen, kann man zusätzlich kleinere Bechereinsätze einbauen.
Stark vorgekeimt ohne Keimbruch
Im vergangenen Jahr hat man es wieder häufig erlebt: Durch Vorkeimung anvisierte Pflanztermine konnten witterungsbedingt häufig nicht eingehalten werden. Dadurch sind in der Not viele Partien infolge überlanger Keime mit Keimabbruch gepflanzt worden. Das hatte diese Folgen:
- Brechen der apikalen Dominanz mit Erhöhung der Stängelzahl und vielen kleinen Knollen,
- Ungleichmäßiger Auflauf,
- kleine Knollen haben keine Triebkraft für einen Wiederaustrieb,
- sehr unterschiedliche Sortierung des Erntegutes,
- Ertragsverluste von 10 bis 30 %.
Ein Vorteil ist in solchen Situationen oder auch dann, wenn übergroße Knollen von bis zu 12 cm Länge gepflanzt werden, das Pflanzen mit Riemenpflanzmaschinen im Gegensatz zu Bechergeräten. Eine solche gibt es auch von Grimme. Das System ist teurer, hat aber Vorteile in der exakteren Ablage bei bereits weit vorgekeimtem Pflanzgut und bei sehr unterschiedlichen Knollengrößen innerhalb der Partie. Die Maschinen werden langsamer gefahren und sind schonender im Umgang mit der Knolle. Diese Technik ist daher besonders im ökologischen Kartoffelanbau weiter verbreitet.
Die Firma Ropa hat eine Legemaschine für die Handpflanzung vorgekeimter Kartoffeln entwickelt. Jeweils zwei Personen pro Pflanzreihe legen die vorgekeimten Kartoffeln in Längsrichtung auf die Keimschonerbänder. Diese fördern die Kartoffeln ohne weitere Beanspruchung und ohne Schleifkontakt bis zur exakten Ablage in den Boden. Selbst Kartoffeln mit bis zu 12 cm Länge können mit dieser Technik optimal bei einer Fahrgeschwindigkeit von 3,5 km/h gepflanzt werden. Nach zwei Jahren mit praktischen Feldversuchen und Einsatz auf spezialisierten Betrieben mit Frühkartoffelanbau hat sich der gewünschte Ertrags- und Vegetationsvorsprung laut Hersteller bestätigt.
Vorbereitung der Pflanzmaschine
Jedes Bauteil am Pflanzgerät, Becher oder Riemen, hat seine bestimmte Aufgabe und es kann diese nur dann exakt erfüllen, wenn es nicht über das normale Maß hinaus verschlissen ist. Wird das Pflanzgerät früh genug aus dem Winterquartier geholt, sollten grundsätzlich vor dem eigentlichen Pflanzen als Erstes nachfolgende Bauteile auf Verschleiß hin überprüft werden:
- Beurteilung des Verschleißgrades der Schare. Müssen gegebenenfalls Schare durch Hartschweißen aufgesetzt oder gar ganz erneuert werden? Sonst kann die Pflanztiefe nicht einheitlich sein.
- Ist der Dorn unter dem Schar zu stark verschlissen? Dadurch ist die exakte Knollenablage gefährdet.
- Sind die Lager der Zudeckscheiben und sind die anliegenden Abstreifer noch okay?
- Ist bei der Becherpflanzmaschine das Becherband oder bei der Riemenpflanzmaschine das Riemenband verschlissen? Beide Bänder sind auf Spannung zu prüfen (sonst Rutschen möglich) und sollten über Winter entspannt weggestellt worden sein!
- Sind die Messer bei der Dammfräse oder bei All-in-one-Geräten noch lang genug?
- Sichtkontrolle der Düsen und Leitungen bei Geräten mit Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln; bei der Furchenbehandlung darf durch die Düse der Spritzfilm nicht die Knolle treffen!
- Muss das Gerät mit Beizvorrichtung gegebenenfalls wieder zum Spritzen-TÜV?
Ausreichend abgetrockneter Boden
Das Nichtbeachten der immer wieder theoretischen, aber unheimlich wichtigen Vorgaben zum Pflanztermin, wie ausreichend und nicht nur oberflächlich abgetrocknete Böden, sollte gerade in diesem Jahr besonders beachtet werden. Über das Jahr 2023 sind extreme Mengen von 1 227 mm Niederschlag (Wetterstation Münster, zum Vergleich 2022 nur 622 mm) gefallen. Bodendruck in Schlägen mit zu viel Restfeuchte führt gerade bei schwerem Gerät zu Verdichtungen, Kluten und Einschränkungen im Damm und bei späteren Qualitäten! Dies lässt sich durch den wiederholten Einsatz einer Bodensonde verhindern.
Auf dem Acker richtig einstellen
Neben Pflanzabstand (je nach Sorte, Verwendung und Kaliber von 20 bis 36 cm) und Pflanztiefe (Sorte und Bodenart, Sand 17 bis 18 und Lehm 15 bis 16 cm) kommt der Druckverteilung besonders bei All-in-one-Geräten eine wichtige Rolle zu. Folgende Überlegungen sollten zum Einstellen beachtet werden:
- Die Pflanztiefe sollte mit ungefähr 5 cm nicht zu flach unter der Bodenoberfläche betragen, um für einen Dammaufbau genug Erdmaterial zur Verfügung zu haben. Die Einstellung erfolgt über die Stützräder. Ein Parallelogramm gewährleistet in der Regel eine gleichmäßige Tiefenführung.
- Der Pflanz-/Legeabstand sollte unbedingt zu Pflanzbeginn nach Wechsel jeder Pflanzgutpartie anhand von nicht nur einem, sondern von zehn Zwischenräumen überprüft werden (z.B. bei 25 cm, dann also 2,5 m abmessen und evtl. korrigieren).
- Beim All-in-one-Verfahren ist es von enormer Bedeutung, den Druck vom Schlepper und von der Vollflächenfräse zu nehmen und diesen auf die davor verbaute Trommel zu legen. Die Spurlockerer sollten auf 25 cm und die Frästiefe auf 25 bis 30 cm ab Oberkante Damm eingestellt werden. Die Pflanzmaschine steuert hierbei die Heckhydraulik. Dabei soll derselbe Bodendruck zwischen Hinterreifen und Trommel hergestellt werden, was mit einer Bodensonde überprüft werden sollte. Das bewirkt denselben flächigen Bodendruck auf der ganzen Arbeitsbreite. Auf Sandboden nimmt man den Druck von der Trommel, um ein Schieben und Stehenbleiben der Trommel zu verhindern. Gerade hier können bei zunehmenden Gewichten großer Pflanzmaschinen enorme Fehler gemacht werden!
- Bei All-in-one wird mit dem Dammformer anschließend die exakte Dammhöhe über der Knolle eingestellt, bei geteiltem Verfahren verfährt man später genauso.
- In erosionsgefährdeten Regionen ist der Anbau eines sogenannten Dykers als Zwischendammhäufler sehr hilfreich und effektiv. Der Dyker erzeugt Querdämme zwischen den Dämmen, die die Erosions-gefahr verringern sowie gleichzeitig die Wasseraufnahmefähigkeit fördern.