Überstunden anordnen?

Aus Arbeitgebersicht

Zunächst einmal kommt es darauf an, ob es zwischen Ihnen und den betreffenden Mitarbeitern eine vertragliche Regelung mit der Pflicht zum Erbringen von Überstunden gibt. Diese kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Existiert eine solche Regelung, sind die Mitarbeiter verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn erhöhter Arbeitsanfall besteht oder das Ausfallen anderer Mitarbeiter aufgefangen werden muss. Sie können die Überstunden dann einseitig anordnen.

Besteht hingegen keine vertragliche Regelung, sind Ihre Mitarbeiter auch nicht per se verpflichtet, Überstunden zu leisten. Mit der Festlegung einer bestimmten Stundenanzahl im Arbeitsvertrag haben Sie den Umfang der vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit vertraglich geregelt. Durch eine Anordnung von Überstunden würden Sie die vereinbarte Arbeitszeit und damit einen wesentlichen Vertragsinhalt einseitig verändern. Dies ist rechtlich nicht zulässig. Einzige Ausnahme ist die Anordnung von Überstunden in Notfällen. Unter Notfällen versteht die Rechtsprechung allerdings nur unvorhergesehene und existenzgefährdende Ereignisse. Die anstehende Ernte oder der Ausfall anderer Mitarbeiter fallen ganz klar nicht darunter. Gemeint sind damit lediglich echte Katastrophen wie eine Überschwemmung oder ein Brand im Betrieb.

Haben die Mitarbeiter dann tatsächlich Überstunden geleistet, sind die geleisteten Überstunden in der Regel zusätzlich zum normalen Lohn zu bezahlen. Ein Ausgleich der Überstunden in Freizeit ist möglich, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist oder wenn es im Arbeitsvertrag als Möglichkeit festgehalten ist. Sollten die Mitarbeiter den Freizeitausgleich bevorzugen, dürfen Sie als Arbeitgeber entscheiden, ob dies mit Ihren betrieblichen Interessen vereinbar ist. Für den Ausgleich von Überstunden müssen Arbeitgeber zudem die Regelungen des Mindestlohngesetzes beachten. Danach muss der Ausgleich geleisteter Überstunden in Lohn oder in Freizeit grundsätzlich bis zum Ende des folgenden Kalendermonats erfolgen. Mehr Spielraum haben Sie, wenn Sie mit den Mitarbeitern die Führung eines Jahresarbeitszeitkontos vereinbart haben.

RA Bernadette Epping, WLAV

Aus Arbeitnehmersicht

Wie viele Stunden Sie wann arbeiten müssen, ergibt sich in erster Linie aus Ihrem Arbeitsvertrag. Je konkreter die dort getroffenen Regelungen formuliert sind, desto weniger Spielraum hat Ihr Arbeitgeber, Sie einzusetzen. Überstunden müssen Sie grundsätzlich nur dann leisten, wenn dies zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber ausdrücklich vereinbart worden ist bzw. in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt ist. Ob diese Voraussetzungen bei Ihnen vorliegen, sollten Sie rechtlich prüfen lassen. Ergibt sich keine Verpflichtung, sind Sie nur im absoluten Ausnahmefall, etwa in einer „echten“ Notfallsituation, verpflichtet, Überstunden zu leisten. Selbst falls Sie grundsätzlich verpflichtet wären, Überstunden zu leisten, müsste sich Ihr Arbeitgeber an bestimmte Spielregeln halten. Zum einen gibt das Arbeitszeitgesetz Grenzen vor. So ist genau geregelt, welche Ruhezeiten einzuhalten sind, ob an Sonn- oder Feiertag oder wie viel überhaupt gearbeitet werden darf. Demnach dürfen Arbeitnehmer an Werktagen (Montag bis Samstag) grundsätzlich höchstens acht Stunden eingesetzt werden. Ein Einsatz von bis zu zehn Stunden pro Werktag ist zulässig, falls sichergestellt ist, dass Sie innerhalb von sechs Kalendermonaten im Schnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten. Zum anderen darf der Arbeitgeber nicht willkürlich bestimmte Arbeitnehmer mehr arbeiten lassen, sondern muss dafür sorgen, dass alle „mal dran“ sind.

Der Arbeitgeber muss die geleisteten Überstunden nur dann in Freizeit ausgleichen, wenn dies ebenfalls ausdrücklich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart worden ist. Andernfalls sind die Stunden in der bisherigen Form zu vergüten. Sofern Ihnen der Mindestlohn gezahlt werden sollte, bestünden weitere Vorgaben, bis wann Ihnen die Stunden auszugleichen oder zu vergüten sind.

RA Michael Klein, WLV