Die automatische Tür steht an diesem Donnerstagnachmittag nicht still. Familien mit kleinen Kindern, Männer und Frauen – die meisten steuern erstmal die große Fleischtheke im Obersteinberger Hofladen von Familie Fay an. „Heute ist noch ziemlich wenig los“, sagt Tabea Fay. „Wenn keine Ferien sind, haben wir hier viel, viel mehr zu tun, ergänzt die 29-Jährige, die sich mit ihrer Schwiegermutter Catja um den 200 m2 großen Hofladen kümmert.
Von der Waschküche zum Neubau
Direktvermarktung gibt es bei Familie Fay schon lange. Die Eltern von Seniorchef Peter vermarkteten Wein der Familie aus Rheinhessen hier in Hessen. Es folgte die Rinderhaltung mit dem Verkauf von Rindfleischpaketen. Die Tiere werden seit 2009 in einer EU-zertifizierten Schlachtstätte auf dem Hof geschlachtet und zerlegt. Als viele Kunden nach kleineren Mengen fragten, verkaufte die Familie von 2015 bis 2021 Rindfleisch, Eier und Kartoffeln in der alten Waschküche auf dem Hof.
Dann folgte die Planung eines neuen Hofladens und die Eröffnung 2021. Sie stellten zwei Metzger ein und vermarkten seither in ihrer Frischetheke eine große Auswahl Fleisch und Wurst. Ein bis zwei weibliche Rinder werden dafür in der Woche geschlachtet, außerdem fünf Schweine. Brathähnchen gibt es alle drei Monate auf Vorbestellung, vor Weihnachten außerdem Puten und Gänse. Weiteres Kernprodukt des Hofladens sind die Eier der 2 900 Legehennen. Der Großteil der 2 500 Eier am Tag gehen über den Hofladen weg. Zusätzlich werden zwei Lebensmitteleinzelhändler mit Eiern beliefert, ein Unverpackt-Laden und ein Café. Außerdem lässt die Familie Nudeln aus den eigenen Eiern fertigen. „Die meisten Kunden gehen nicht ohne eine Tüte Kartoffeln raus“, sagt Tabea Fay. Eine festkochende und eine mehligkochende Sorte werden vermarktet. Die eigenen Produkte machen etwa 75 % des Gesamtumsatzes aus. Das Gemüse stammt aus Lich, quasi auch aus Familienhand. Anne Fay lebt dort und baut gemeinsam mit ihrem Partner Salate, Gurken, Tomaten und Co. im Mulch-Verfahren an. Ein großes Trockensortiment, Backwaren, Eingelegtes, Blumen und Eis ergänzen als weitere Zukaufprodukte das Sortiment. „Unsere Partnerbetriebe kommen alle aus der unmittelbaren Umgebung. Einzig die Molkereiprodukte stammen aus 45-minütiger Entfernung. Aber auf dem Betrieb hat mein Mann Philipp seine Ausbildung gemacht“, berichtet Tabea.
Fleisch als Kernprodukt
Rinder, Schweine und das Geflügel erhalten ausschließlich selbst erzeugtes Futter vom Betrieb. Dafür kommt regelmäßig eine mobile Mahl-und Mischmaschine auf den Betrieb und schrotet das Futter. Neben dem Futter spielt auch die Haltung der Tiere eine entscheidende Rolle für die Qualität des Fleisches. Die Rinder werden im Sommer auf den umgrenzenden Wiesen und Kräuterweiden gehalten. Den Winter verbringen die Tiere geschützt in den großen Strohlaufställen. Die Schweine leben in einem offenen Strohlaufstall mit einem großen Auslauf ins Freiland.
Bis in die Stadt
Der Betrieb liegt zwischen Wiesen und Feldern etwa 7 km von der Studentenstadt Gießen entfernt. Der Hofladen öffnet von Donnerstag bis Samstag die Türen. „Wir schlachten jede Woche und produzieren unser Fleisch immer frisch. Wir benötigen die ersten Tage der Woche dafür. Außerdem ist es für uns und unsere Mitarbeiter im Hofladen besser, wenn wir den Kundenstrom auf einige Tage konzentrieren“, erklärt Tabea Fay. Viele Kunden nutzen den Besuch im Hofladen für einen Ausflug und besuchen die Tiere und gönnen sich noch ein Getränk oder ein Eis. Dafür gibt es eine Caféecke mit 20 Sitzplätzen. Ist der Hofladen geschlossen, können die Kunden im SB-Laden an der Straße direkt am Betrieb viele Produkte kaufen. In Gießen, Pohlheim und Leihgestern betreibt Familie Fay außerdem insgesamt drei Verkaufsautomaten. „Hier sind das Hauptprodukt auf jeden Fall die Eier“, so Tabea Fay, die täglich die Automaten auffüllt.
Ziele gesteckt und erreicht
Nach drei Jahren mit dem neuen Hofladen ist Familie Fay mit ihren Produkten längst zu einer festen Marke in der Region geworden. „Alle Ziele, die wir uns damals gesteckt haben, sind erreicht und sogar teilweise übertroffen. Wenn ich überlege, dann könnte ich mir höchstens noch vorstellen, den Gastronomiebetrieb weiter auszubauen“, so die 29-Jährige. „Ich bin gelernte Diätassistentin und würde gern den Beruf hier im Betrieb einbringen, beispielsweise mit einem Seminarraum über dem Hofladen.“ Bis dahin konzentriert sich die Familie weiterhin auf die Landwirtschaft und die Vermarktung der eigenen Produkte. Um eine Nachfolge für den Betrieb müssen sich Catja und Peter Fay garantiert keine Sorgen machen. Alle drei Kinder arbeiten in der Landwirtschaft, teils auf dem Familienbetrieb, teils auf jetzt eigenen Betrieben – ein Glücksfall.