In einem unbeobachteten Moment greift die Hand nach der Packung Kekse. Nahezu geräuschlos verschwindet sie in der Umhängetasche. Ladendiebstahl ist kein Kavaliersdelikt und dennoch kommt er häufiger vor, als viele denken (siehe Kasten). Wer vorbeugen will, dem rät die Polizeiliche Kriminalprävention für Bund und Länder Folgendes:
Bauliche Maßnahmen
- Vermitteln Sie das Gefühl ständiger Beobachtung. Das gelingt etwa durch helle, gut ausgeleuchtete Verkaufsräume ohne unübersichtliche Ecken, Winkel oder Pfeiler.
- Verkaufsregale sollten trotz ihrer Höhe einen gewissen Überblick zulassen.
- Falls möglich kann die Kasse oder auch das Büro leicht erhöht platziert sein. Ein etwaiges Fenster aus dem Büro zum Verkaufsraum kann mit Spionagefolie verspiegelt werden, die nur den Blick in den Verkaufsraum, nicht aber ins Büro ermöglichen.
Schaden im Handel
Die Zahl der Ladendiebstähle im Einzelhandel ist laut einer aktuellen Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI in Deutschland rückläufig. Diebstähle verursachten dem Handel 2021 3,23 Milliarden € Verluste – rund 4 % weniger als noch im Vorjahr. Experten befürchten jedoch, dass die aktuellen Preissteigerungen den Trend umkehren könnten. Während der Pandemie waren die Diebstähle spürbar weniger geworden. EHI-Sicherheitsexperte Frank Horst sah das in den coronabedingten Ladenschließungen und der geringeren Kundenfrequenz begründet.
Personal als wirksame Waffe
Geschultes Verkaufspersonal kann helfen, Ladendiebstähle zu verhindern. Angestellte, die sich im Laden bewegen und Kontakt zu den Kunden suchen, können Langfinger abschrecken. Denn die bloße Anwesenheit anderer Menschen erschwert es potentiellen Dieben, einen unbeobachteten Moment zu finden, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das soll nicht heißen, dass alle Kunden unter Generalverdacht stehen sollten. Die Polizei gibt Anhaltspunkte für auffälliges Verhalten:
- Gerade Ersttäter fallen oft durch eine unnatürliche, gehemmte oder verkrampfte Haltung auf. Weitere Anzeichen sind hektische Flecken im Gesicht oder am Hals sowie häufiges, betont unauffälliges Umblicken. Nach dem Diebstahl verlassen die Täter den Laden zügig und halten dabei ihre Beute dabei meist krampfhaft (etwa unter der Kleidung) fest.
- Gewohnheits- oder gewerbsmäßige Ladendiebe wenden eher Tricks an. Manchmal sind sie auch in Gruppen tätig. Sie suchen oder kreieren günstige Gelegenheiten für den Diebstahl. Während einer das Personal durch besondere Kaufwünsche oder Gespräche abgelenkt, schirmen weitere Komplizen den Täter beim Diebstahl ab.
- Nutzen Sie den kostenlosen Service der (Kriminal-)Polizeilichen Beratungsstellen in den einzelnen (Bundes-)Ländern. Dort bietet man auch konkrete Schulungen für Gewerbetreibende und deren Mitarbeiter an.
Spezialfall Kinder
Kinder jünger als 14 Jahre sind gemäß § 19 Strafgesetzbuch schuldunfähig. Sie können deshalb nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Sie festzunehmen oder festzuhalten ist unzulässig, selbst wenn die Gefahr besteht, dass Sie ihre Identität nicht feststellen können.
Bleibt das Kind freiwillig vor Ort, sollten unverzüglich die Eltern kontaktiert und falls nicht erreichbar, die Polizei, benachrichtigt werden.
Was tun, wenn’s doch passiert?
Trotz aller Abschreckung geschehen Ladendiebstähle. Dann dürfen und sollten Direktvermarkter Folgendes tun:
Personalien oder festsetzen
Wenn Sie einen Diebstahl beobachten, lautet die oberste Prämisse: Ruhe bewahren! Die Polizei rät, den Kunden direkt darauf anzusprechen und ihn in einen Raum abseits des Verkaufsraums zu bitten. Vermeiden Sie dabei das Wort „Diebstahl“. Sprechen Sie lieber von „Unstimmigkeiten“, die Sie im Büro mit ihm klären wollen. So vermeiden Sie, dass fälschlich verdächtigte Personen sich bloßgestellt fühlen.
Um zu verhindern, dass der Ladendieb seine Beute unauffällig ablegt, sollte er vom Mitarbeiter begleitet und nicht aus den Augen gelassen werden. Vermeiden Sie dabei jeglichen Körperkontakt oder Aggression. Fühlen sich Täter bedrängt, steigt die Gefahr, dass sie gegebenenfalls überreagieren.
Hat der vermeintliche Täter das Diebesgut in seiner Tasche, dürfen Sie diese nicht eigenmächtig durchsuchen. Er muss sie, quasi freiwillig, selbst vorzeigen. Hierzulande ist nur die Polizei zur Durchsuchung von Personen und Taschen bevollmächtigt. Bitten Sie den Kunden um seine Personalien. Weigert er sich, dürfen Sie ihn bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Achten Sie dabei aber unbedingt auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Jemanden wegen einer geklauten Pflaume am Boden gefesselt zu fixieren ist nicht ratsam.
Strafanzeige und Hausverbot
Als Geschäftsinhaber haben Sie das Recht, dem Ladendieb Hausverbot zu erteilen. Es kann, muss aber nicht zeitlich und örtlich befristet sein. Hier reicht eine einseitige Erklärung aus. Das heißt: Der Verdächtige muss es nicht vor Ort unterschreiben. Es reicht, das Verbot mündlich, bestenfalls vor Zeugen, auszusprechen. Verstößt die Person gegen das bestehende Hausverbot, spricht man im Fachjargon von Hausfriedensbruch und somit einem Straftatbestand.
Das Landeskriminalamt Hessen schätzt übrigens, dass auf jeden angezeigten Ladendiebstahl neun nicht gemeldete Fälle kommen.