Rund 2 kg wiegt das Tomahawk-Steak vom Angusrind. Verkäuferin Claudia Baldauf zeigt das Prachtstück. Auch sonst liegen in der üppig bestückten Fleischtheke viele besondere Zuschnitte wie Rouladen vom Wasserbüffel, Braten vom Wagyu oder alle Arten von Steaks der verschiedenen Rinderrassen. Rindfleisch ist das Kernprodukt im Bauernmarkt Ernstroda in Thüringen. Es stammt aus eigener Aufzucht, Schlachtung und Verarbeitung. In der 7 m langen Theke finden die Kunden außerdem das komplette Metzgersortiment an Fleisch und Wurst. Der Hofladen des Agrarunternehmens TZG Ernstroda ist auch gleichzeitig der Nahversorger. Deshalb ergänzen ein Vollsortiment an Lebensmitteln heimischer Marken sowie regionale Spezialitäten, wie Wein aus Saale-Unstrut, Öl einer nahegelegenen Ölmühle oder Kaffee einer kleinen Rösterei aus Gotha das Sortiment.
Vor 25 Jahren begann die TZG Ernstroda mit der Direktvermarktung. TZG steht übrigens für Tierzuchtgenossenschaft. Allerdings ist die TZG längst keine Genossenschaft mehr, sondern eine GmbH (siehe Betriebsspiegel auf Seite 24), aber die Tierzucht spielt nach wie vor eine Rolle. Gelegen am Rand des Thüringer Walds bewirtschaftet das Agrarunternehmen knapp 2 500 ha, 70 % davon Grünland und das fast vollständig im benachteiligten Gebiet. Dementsprechend setzt die GmbH auf Mutterkuhhaltung und Rassenvielfalt: „Wir halten rund 2 000 Tiere, Fleckvieh und Angus, Wagyu-Kreuzungstiere sowie Wasserbüffel und können so alle unsere Standorte nutzen“, sagt Geschäftsführerin Simone Hartmann. Die Wasserbüffel beweiden beispielsweise die feuchten bis nassen Niederungswiesen.
Eigene Schlachtung
„Gutes Fleisch ist für uns kein Produkt, es ist unsere Philosophie“ – dieses Versprechen steht auf der Homepage des Hofladens. Eingelöst wird es durch die hofeigene Schlachtung und Verarbeitung. 200 Rinder sind es pro Jahr für die eigene Vermarktung, weitere 350 im Lohn. Da es kaum noch regionale Schlachtbetriebe gibt, wissen viele weitere Rinderhalter in der Region diese Dienstleistung zu schätzen. Außerdem werden Büffel, Schafe und Ziegen in Ernstroda geschlachtet. Schweinehälften kauft das Unternehmen vom Schlachthof in Mühlhausen zu. Alles wird in der hofeigenen Fleischerei zerlegt bzw. verwurstet. 20 verschiedene küchenfertige Produkte im Glas wie Rouladen, Rindfleisch in Meerrettich oder Soljanka stammen aus der Hofküche.
Gutes Fleisch ist für uns kein Produkt, es ist unsere Philosophie
Simone Hartmann
Behutsam baut Simone Hartmann die Direktvermarktung um. „Wir haben viele ältere Käufer aus der näheren Umgebung, die ihre täglichen Einkäufe bei uns im Bauernmarkt erledigen“, sagt sie. Diese Kunden kaufen eher typische Thüringer Würste oder Fleisch für die klassische Küche. Junge Kunden möchten Simone Hartmann und Claudia Baldauf mit dem vielseitigen Grillfleischangebot und den besonderen Cuts ansprechen. Das gelingt schon gut. Grillgut ist außerdem rund um die Uhr im Automaten erhältlich. Dafür wurde die Ladenfläche etwas verkleinert und ein separater, videoüberwachter Raum für den 24/7-Verkauf eingerichtet. Versandfähige Produkte bietet die TZG in ihrem Online-Shop an. Der Absatz ist derzeit noch sehr überschaubar, etwa fünf Pakete pro Woche. „Wir machen dafür aber im Moment auch keine Werbung“, sagt Simone Hartmann. Für das aktuelle Angebot hingegen schon. Das postet die Chefin höchstpersönlich auf Insta und Facebook. Einer ihrer Mitarbeiter hat ein Auge für stimmungsvolle Fotos und Videos der Mutterkühe und Büffel und versorgt sie mit dem passenden Bildmaterial.
Online, Social Media – damit möchte die 51-Jährige nicht nur jüngere Kunden ansprechen, sondern auch ihr Einzugsgebiet erweitern. Der Bauernmarkt zählt z. B. kaum Kunden aus Erfurt, obwohl es bis dahin nur 40 km sind. „Da sehen wir Potenzial und deshalb wollen wir diesen Betriebszweig weiterentwickeln.“