Der Weg zum Hofladen oder Hofcafé verbraucht Akkuleistung des E-Autos. Um den Kunden die Angst zu nehmen, dass sie auf dem Rückweg mit leerem Akku im ländlichen Raum stranden, können Ladesäulen auf dem Parkplatz des Hofes eine Option sein.
Der Gesetzgeber wünscht sich das allemal. Bis 2030 soll das Netz in ganz Deutschland eine Million öffentlich zugängliche Ladestellen umfassen. Stand April 2022 waren es rund 59 000. Etwa jede siebte (8 700) war eine sogenannte Schnellladesäule. Dem stationären Handel kommt dabei eine nicht unerhebliche Rolle zu. Laut EHI Retail Institute bieten 72 % der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen ihren Kunden bereits Ladestationen für E-Mobilität an.
Mehr als nur Kundenbindung
Warum Händler ihren Kunden Ladesäulen anbieten, ist laut dem Institut sehr unterschiedlich:
78 % geben an, die Ladesäulen für die Kundenbindung zu nutzen.
49 % sind gesetzlich dazu gezwungen (siehe Kasten unten).
42 % begründen ihre Entscheidung mit den Klimazielen und
28 % sehen in Ladesäulen sogar ein neues Geschäftsmodell.
Die großen Handelsunternehmen sind künftig gesetzlich dazu verpflichtet, Ladesäulen für ihre Kunden vorzuhalten. Mittelfristig ist daher davon auszugehen, dass eine Ladesäule kein Wettbewerbsvorteil mehr ist, sondern zu einer Basisanforderung der Kunden wird – zumindest bei den Handelsketten. Perspektivisch gewinnt daher die konkrete Ausgestaltung des Angebots an Bedeutung.
Jeder Sechste fährt tanken
Jeder sechste E-Mobilist kann laut EHI Retail Institute weder zu Hause noch beim Arbeitgeber tanken. Er ist somit auf öffentliche Ladestationen angewiesen. Experten erwarten, dass mit breiterer Ladeinfrastruktur im ländlichen Raum die Anzahl der Menschen ohne eigene Ladesäule zunehmen wird. Genau wie es beim Tanken herkömmlicher Kraftstoffe auch der Fall ist.
Aktuell laden drei von vier E-Mobilisten (76 %) ihre Autos zu Hause. Gut jeder Dritte (30 %) lädt den Akku auf Kundenparkplätzen. Weiter nutzen 12 % bzw. 31 % der E-Mobilisten öffentliche Schnell- oder Normalladesäulen.
Das will das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG)
Das GEIG trat am 25. März 2021 in Kraft. Es regelt, inwiefern Wohn- und Nichtwohngebäude künftig mit Möglichkeiten zum Laden von E-Autos versehen werden müssen.
Wohngebäude: Handelt es sich um einen Neubau mit mehr als 5 Stellplätzen, muss jeder mit Erdkabeln ausgestattet werden. Bei einer größeren Renovierung eines bestehenden Wohngebäudes mit mehr als zehn Stellplätzen müssen fortan alle mit Schutzrohren für eine spätere Installation versehen werden.
Nicht-Wohngebäude: Bei einem Neubau mit mehr als sechs Stellplätzen muss mindestens jeder dritte mit entsprechenden Rohren ausgestattet sein, Hinzukommt mindestens ein Ladepunkt. Handelt es sich um Renovierungsarbeiten, dann gilt für Gebäude mit mehr als zehn Stellplätzen, dass jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren ausgestattet werden muss und mindestens ein Ladepunkt existiert.
Ab 1. Januar 2025 muss jedes Nicht-Wohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen über mindestens einen Ladepunkt verfügen.
Ausgenommen sind Gebäude im Besitz kleiner und mittlerer Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, mit bis zu 50 Mio. € Umsatz oder einer Bilanzsumme kleiner 43 Mio. €.
Mindestens 50 km weiter
Ob sich ein Ladevorgang lohnt, hängt von der hinzugewonnenen Reichweite ab. Zwei Drittel der E-Mobilisten sagen, ein Ankabeln lohnt, wenn sie bis zu 50 km Reichweite tanken können. Bei einem Verbrauch von 18 kW je 100 km und einer Ladeleistung von 36 kW wäre das binnen 15 Minuten möglich. Entscheidend dafür, ob Kunden eine Ladesäule nutzen, ist also neben der Leistung auch die Verweildauer im Hofcafé oder -laden. Bei einer zu hohen Ladeleistung sinkt die Motivation der Kundschaft, länger im Laden zu bleiben als für den Einkauf notwendig.
E-Ladesäulen, die dem Kunden grünen Strom, etwa aus der Biogas- oder Photovoltaikanlage, bieten, erwecken den Eindruck besonderer Nachhaltigkeit. Das kann positiv auf das gesamte Einkaufserlebnis wirken.
PV braucht Power
Grundsätzlich ist es möglich, die eigens erzeugte Energie zu verkaufen. Um die Tanksäule auch in der Nacht, wenn die PV-Anlage keinen Strom produziert, mit grünem Strom zu füttern, empfiehlt es sich, einen Speicher anzuschaffen. Besitzer sehr kleiner Photovoltaikanlagen müssen beachten, dass viele E-Autos erst ab einer verfügbaren Leistung von ca. 1,4 kW (einphasig) laden. Bei dreiphasigen Steckern braucht es sogar 4,1 kW. Sprechen Sie mit einem Fachmann und prüfen Sie Ihre Anlage auf Eignung.
Die eigene öffentliche Ladesäule?
Kosten vs. Nutzen
Öffentlich zugängliche Ladesäulen können mit Wechselstrom normal- (AC=Alternating Current) oder mit Gleichstrom schnellladen (DC=Direct Current). Je nach Strom und Leistung der Ladesäule variiert der Kaufpreis. Nötige Elektroinstallationen sowie die örtlichen Gegebenheiten erschweren eine allgemeingültige Aussage über die Investitionskosten. Eine Ladesäule mit zwei 22-kW-Anschlüssen, inklusive Installation, rangiert zwischen 10 000 und 20 000 €. Schnellladestationen kosten bis zu 130 000 €. Je höher die Ladeleistung, desto höher die Kosten für den Anschluss ans Netz. Denn eine höhere Lastspitze lässt sich der Netzbetreiber meist mit einer höheren Grundgebühr entlohnen.
Je nach Bundesland existieren befristete Förderprogramme für die Anschaffung und Installation öffentlicher Ladesäulen.
Der Betrieb einer Ladesäule erfordert regelmäßige Wartung. Hinzu kommen Gebühren für das Backend, sprich die Datenverarbeitung und -speicherung durch Software, App und Website, sowie natürlich die Kosten für den verkauften Strom. Bei einer Schnellladesäule muss der Betreiber außerdem regelmäßig Nachweise über die Einhaltung der technischen Anforderungen (nach DIN VDE 0105-100 und 0100-0600) oder den Nachweis über die technische Sicherheit von Schnellladeeinrichtungen nach § 3 Abs. 4 Ladesäulenverordnung (LSV) erbringen – Kostenpunkt etwa 80 bis 200 €.
Dem stehen Einnahmen aus dem Stromverkauf gegenüber. Hinzukommen Rückflüsse aus der THG-Quote. Vorausgesetzt: Die Ladesäule ist öffentlich zugänglich, bei der Bundesnetzagentur gelistet und eichrechtskonform.
Seit April 2019 regelt das überarbeitete Mess- und Eichgesetz, dass Betreiber nur noch nach getankter kWh abrechnen dürfen. Abrechnungen nach Ladedauer oder ein pauschaler Preis je Ladevorgang sind seitdem nicht mehr zulässig.
Besitzen oder nur betreiben?
Direktvermarkter können die Ladeeinrichtung selbst, mithilfe von Fachleuten, bauen und selbstständig betreiben. Alternativ bieten auch externe Unternehmen an, die Ladeeinrichtung zu installieren und zu betreiben. Dafür zahlen sie eine vorher vereinbarte Miete/Standortgebühr an den Eigentümer/Besitzer der Fläche.
Außerdem gibt es Mittelwege: Das heißt, ein Unternehmen errichtet und installiert die Ladesäule. Anschließend vermietet es sie zu einem Fixpreis an den Direktvermarkter, der sie betreibt und wiederum eigenständig mit seinen Kunden abrechnet.
Fazit: E-Ladesäule auf dem Hof – Ja oder nein?
Als kleine oder mittlere Unternehmen sind die meisten Direktvermarkter von der gesetzlichen Pflicht ausgenommen, E-Ladesäulen anzubieten. Der Verkauf von Ladestrom ist zum aktuellen Zeitpunkt oft nicht rentabel für den Betreiber. Allerdings können Ladestationen einen Standort aufwerten (Laden, Café oder Hotel usw.).
Doch sollten Direktvermarkter individuell prüfen, ob eine Ladesäule auch ökonomisch sinnvoll ist. Dabei im Hinterkopf: Ladesäulen können zur Kundenbindung beitragen und die Verweildauer der Kunden verlängern.
All-inklusive-Anbieter von Ladesäulen, die neben der Installation auch den Betrieb übernehmen, rechnen detailliert auf Basis verschiedenster Parameter, ob sich eine Investition an einem Standort lohnt. Je nach Aussicht auf Rendite vermieten sie die Säule an den Grundstückseigentümer oder betreiben sie selbst. Nutzen Sie das Wissen der Experten und holen Sie sich unverbindlich ein Angebot ein. Im Zweifelsfall müssen Sie es ja nicht annehmen. So erlangen Sie aber zumindest eine konkrete Vorstellung davon, ob es sich an Ihrem Standort lohnt.
Potenzielle Anbieter finden Sie im Internet mithilfe der Schlagworte: „öffentliche Ladesäule installieren“ oder „öffentliche Ladesäule Gewerbe“.