Das haben wir Lena Hänecke, Beraterin für Einkommenskombinationen bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, gefragt.
In Zeiten von Personalmangel kann Selbstbedienung auch in der Hofgastronomie eine Option sein. Worauf sollten Betreiber dabei achten?
Besonders bei einer Selbstbedienung kommt es zu Stoßzeiten zu Schlangen am Tresen. Das kann reduziert werden, wenn zeitintensive Bestellungen mit Hilfe eines Pagers später geholt werden können und so der Durchlauf am Tresen gesteigert wird. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass am Tresen auch genügend Platz für die wartenden Kunden bereitgestellt wird. Das Bestellen dort sollte keine anderen Gäste, die bereits am Tisch sitzen stören. Außerdem dürfen Arbeitswege des Personals nicht behindert werden. Geht der Betrieb noch einen Schritt weiter und erzieht seine Gäste soweit, dass sie Geschirr auch wieder zurückzubringen, müssen Abräumwagen oder ein Tisch für die Teller- und Gläserrückgabe gut erreichbar vorzufinden sein.
Welche Rolle spielt eine gute Kommunikation bei der Selbstbedienung?
Eine gute Kommunikation ist bei allen Modellen der Selbstbedienung, oder weiter gefasst beim Selfordering, unerlässlich. Klare Anweisungen, Hinweisschilder und aufmerksames Personal sind wesentlich, um den Gast abzuholen. Es wird immer Kund*innen geben, die mit dem System unvertraut sind oder gar nicht zurechtkommen. Diese Kunden müssen in jedem Fall trotzdem betreut und explizit eingewiesen werden, wenn der Betreiber sie nicht verlieren möchte.Es können auch verschiedene Kombinationsmodelle sinnvoll sein, um die Selbstbedienung schrittweisen einzuführen und somit Mitarbeitende und Gäste an die neuen Modelle zu gewöhnen. Zum Beispiel kann das Ankreuzen einer Papier-Speisekarte am Tisch eine Vorstufe des digitalen Bestellens sein. Wird mit Pagern gearbeitet, können Servicekräfte die Gäste zunächst fragen, ob sie diese nutzen mögen oder lieber persönlich bedient werden wollen. In vielen Varianten ist es möglich, die Bedienung am Tisch zumindest auf einen Kontakt zu reduzieren. So bleibt die persönliche Note, aber der Zeitaufwand je Tisch wird reduziert.
Die beiläufige Kommunikation mit dem Gast darf in keinem Fall verloren gehen und bei einer Selbstbedienung oft noch wichtiger. Trotz reduziertem direktem Kontakt mit dem Personal, bleiben Möglichkeiten auf den Kunden einzugehen. Der Betrieb kann eine Geschichte erzählen, die sich wie ein roter Faden durch den Gastraum oder über den ganzen Hof zieht. Nette Botschaften, wie handgeschriebene Tafeln mit tagesaktuellen Zitaten und Hinweisen sollten nicht nur in den Gasträumen, sondern auch auf Toiletten und in Fluren wirken. Ein Guten Appetit auf einem Tischaufsteller, die Tagesempfehlung einer Mitarbeiterin im Eingangsbereich oder eine individuell bedruckte Serviette können viel bewirken. Auch ein persönlicher Gruß aus der Küche kann trotz Selbstbedienung die Kundenbindung steigern. Im besten Fall wird die Selbstbedienung nicht als Rückschritt oder Serviceeinbuße vermittelt, sondern als positive Veränderung wahrgenommen. So können Gastronomen ein Erlebnis bieten, wenn z.B. Kräuter selbst gepflückt werden dürfen oder der Kunde zum Barista wird.
Gäste-Pager, Digitale Bestell- und Bezahlapps und Bedien- oder Abräumroboter: Was ist in der Hofgastronomie vorstellbar?
Gäste-Pager werden in der Hofgastronomie bereits erfolgreich eingesetzt. Außerdem sind sie mittlerweile den meisten Gästen bekannt, da die Systemgastronomie solche Geräte schon länger nutzt. Sie sind eine gute Möglichkeit den Service zu vereinfachen. Die Bedienung am Tisch kann dabei gänzlich wegfallen, wenn die Gäste am Tresen bestellen und einen Pager mit an den Tisch nehmen, bis ihre Speisen fertig sind. Ein Pager kann aber auch ergänzend eingesetzt werden, wenn einzelne Speisen erst später fertig sind oder später serviert werden sollen.
Digitale Bestellsysteme haben sich aktuell noch nicht gut etabliert. Auch wenn die Gastronomie solche Systeme teilweise bereits einsetzt, ist die Akzeptanz der Kunden noch begrenzt. Einige Schnellrestaurant-Ketten stellen große Bestellterminals bereits, doch viele Kunden ziehen es trotzdem vor, sich in die Kassenschlange zu stellen. Auch im Lebensmitteleinzelhandel kennen wir lange Kassenschlangen neben leeren Selfscan-Kassen. Aber klar ist trotzdem, dass dieser Trend zunehmen- und damit die Akzeptanz der Kund*innen automatisch steigen wird. Wenn Kunden erst mal den Zugang zu digitalen Anwendungen gefunden haben, entsteht ein Spaß-Faktor sich mit neuen Techniken und Abläufen zu beschäftigen. Besonders der Bestellvorgang kostet dem Servicepersonal oft viel Zeit, wenn Gäste sich nicht entscheiden können oder noch mal umentscheiden. Bei der Selbstbestellung nehmen sich Kunden mehr Zeit und fühlen sich weniger unter Druck gesetzt. In einigen Untersuchungen hat dies sogar ergeben, dass mehr bestellt wird als bei einer mündlichen Bestellung.
Bevor teure Geräte, wie Tablets angeschafft werden, könnte die Bestellung zunächst per Smartphone, zum Beispiel über eine App oder mobile Webseite erfolgen. Bezahl-Apps lassen sich schon eher nutzen. Viele Direktvermakter haben an Ihren SB-Hütten eine Paypal-Adresse hinterlegt und moderne Kunden ohne Bargeld freuen sich über diese Flexibilität.
Personal zum Abräumen und Säubern der Tische und der Abräumwagen ist und bleibt unersetzlich, oder?
Richtig. Auch wenn Roboter und digitale Systeme die Gastronomie deutlich unterstützen können und das Potential bieten, Personal und mit Kosten zu sparen, ist der Blick mit dem menschliche Auge zumindest aktuell noch unerlässlich. In einem schnelllebigen Gastrobetrieb, in dem Masse und Zeit an erster Stelle stehen, mögen Serviceroboter sogar gut ins Konzept passen. In einem gemütlichen, sauberen und serviceorientiertem Hofcafé sollten der Gastraum jedoch regelmäßig und verlässig kontrolliert werden. Dabei ist wichtig, dass jede Gästin und nicht nur jeder fünfte Gast einen sauberen und hergerichteten Tisch vorfindet.
In Ausgabe 3/22 finden Sie im Beitrag "Selbstbedienung im Hofcafé" noch mehr Infos zum Thema. Die Ausgabe lesen Sie ab Ende Mai als Epaper.