Zwei, die an einem Strang ziehen, ist das Erste, was mir in den Sinn kommt, als ich Christoph und Inken Emde aus dem sauerländischen Iserlohn in NRW bei meinem Betriebsbesuch kennenlerne. Beide brennen für die Direktvermarktung. Im Fokus stehen Eier, Geflügel und Brot und das schon, seitdem sie 2002 den ausgesiedelten Betrieb seiner Eltern übernommen haben.
Dreh- und Angelpunkt auf dem Betrieb ist der 120 m2 große Hofladen, um den sich Inken Emde schwerpunktmäßig kümmert. „Hier ist immer Bewegung“, erklärt die gelernte Erzieherin. Das breite Sortiment an selbst erzeugten und zugekauften Spezialitäten lockt zahlreiche Kunden auf den Betrieb. Insgesamt sind rund 750 verschiedene Produkte im Laden gelistet.
Barrierefreies Einkaufsvergnügen
Trotz des üppigen Angebots legt die 49-jährige Betriebsleiterin viel Wert darauf, dass die breit angelegten Mittelgänge im Laden nicht zugestellt sind: „Seit der Hofladenrenovierung vor fünf Jahren ist unser Hofladen inklusive der Kundentoilette barrierefrei.“ Diese Tatsache beschert Emdes so manchen Stammkunden mehr. Besonders gut besuchte Tage sind Mittwoch, Freitag und Samstag, wenn es frisch gebackenes Steinofenbrot aus der hofeigenen Backstube gibt.
Frisches Brot aus dem Steinofen
An diesen Tagen verströmen Bauernstuten, Dinkel-, Körner-, Roggen-, Pflaumen-Walnuss- und Schwarzbrot sowie Rosinenstuten, die eng an eng in den üppig gefüllten Regalen liegen, einen verführerischen Duft. „Unser Rosinenstuten läuft immer“, verrät Inken Emde. Wahlweise ist er in 500 g für 3,20 € oder als 1-kg-Brot für 5,50 € erhältlich. Insgesamt beschäftigen Emdes zwei Bäcker in Teilzeit. Sie backen neben Brot diverse Sorten Brötchen, Obstkuchen vom Blech, Bienenstich, Butterkuchen, Handgebäck und jetzt im Winter Weihnachtsplätzchen und Stollen. Ist Not am Mann, steht Inken Emde selbst in der Hofbäckerei an der Teigknetmaschine. Hinterm Verkaufstresen sieht man sie nur selten. „Da ständig das Telefon geht, überlasse ich diesen Part lieber meinem Team“, verrät die Direktvermarkterin. Mit rund 250 Kunden pro Tag hat sich der Freitag als umsatzstärkster Tag herauskristallisiert: Frisch gebratene Frikadellen im Brötchen sind dann der Renner, ebenso selbst gemachte Salate.
Christoph Emde trifft man eher am frühen Nachmittag im Laden an, wenn er sich ein Stück Kuchen zur Stärkung aus dem Tresen stibitzt. Er ist hauptverantwortlich für den Außenbetrieb und reibungslosen Ablauf der Eiertouren. Mit zwei Touren versorgt der Betrieb etwa 500 Privathaushalte im Umkreis von 30 km mit Eiern, Brot und Konserven. „Auf Vorbestellung liefert unser Fahrer auch Eierlikör und Äpfel“, berichtet Christoph Emde. Er ist froh, dass der 14-tägige Rhythmus von den Kunden gut angenommen wird. Wöchentlich findet eine weitere Tour statt, bei der ausschließlich Konditoren, Bäckereien und sonstige Wiederverkäufer frische Eier erhalten.
Bunte Eier ein Ganzjahresgeschäft
Ursprünglich für das Ostergeschäft angeschafft, vermarkten Emdes inzwischen ganzjährig bunte gekochte Eier aus der eigenen Lohnfärberei. „Von Januar bis Ostern bieten wir sechs lebensmittelechte Farben, inklusive Blau, Grün und Lila, an, in den Sommermonaten ausschließlich Gelb, Orange und Rot“, verrät der Praktiker. Der Grund: Helle Farben kühlen im Sommer schneller aus als dunkle, somit bildet sich kein unschöner farbiger Kochrand im Ei. Rund 50 000 Eier färben Emdes pro Woche. Dafür ist die Anlage ganzjährig drei Tage pro Woche in Betrieb und wird von zwei Mitarbeiterinnen bedient. „Der Verlust beim Färben hält sich mit 2 % in überschaubaren Grenzen“, ist der Landwirt froh. Er berechnet für das Lohnfärben 4,25 Cent pro Ei in Größe M. Im Hofladen zahlen Kunden hierfür 35 Cent pro Stück, eine Lage gekochte Eier kostet 10 €.
Noch mehr Arbeit steht auf dem Hof Emde von Oktober bis Weihnachten an, dann gilt es, die 800 schlachtreifen Gänse und 200 Babyputen an den Mann zu bringen. Die Vorbestellungen starten jährlich ab Mitte September. Ab Oktober schlachtet der Landwirt einmal wöchentlich die Tiere auf dem Betrieb in Eigenregie. Der Blick in die Liste mit den diesjährigen Vorbestellungen verheißt nichts Gutes. Aufgrund der extrem hohen Produktionskosten mussten Emdes den Verkaufspreis ihrer Gänse am Stück von 16,50 € pro Kilo auf 19,90 € erhöhen. „Wie soll sich bei der Preisentwicklung alternativ die Vermarktung von Teilstücken beim Federvieh lohnen?“, denkt Christoph Emde laut nach. Theoretisch muss er für die Gänsebrust 40 € pro kg veranschlagen, damit sich die Arbeit für ihn rechnet. Ob sich die Stammkunden den Winterschmaus in diesem Jahr leisten, werden Christoph und Inken Emde erst zum Jahresende schwarz auf weiß wissen.
Kreativ bleiben
Doch statt Trübsal zu blasen, setzen sie ihre Energie in die Produktion und Veredlung erstklassiger Hofspezialitäten um, machen Marketing und das mit Präsenz. So veranstaltete die Familie Mitte September ihren ersten Bauernmarkt seit Beginn der Pandemie. Mehr als 5 000 Besucher zählten sie an zwei Tagen auf ihrem Hof und konnten so viele neue Kunden gewinnen. „Unsere Ideen zu realisieren, erforderte anfangs viel Durchsetzungsvermögen“, gesteht sich Christoph Emde rückblickend ein. Heute ist er stolz, was sie als Paar mit Unterstützung ihrer Kinder alles zusammen geschafft haben.
Betriebsspiegel
- Betriebsleiter: Christoph Emde (50), Landwirt, Inken Emde (49), Erzieherin, 4 Kinder: Frederike (22), Juliane (19), Fabius (15) und Swantje (14), Senioren: Werner (85) und Helga Emde (82)
- Lage des Betriebs: Der Hof liegt am nordwestlichen Stadtrand von Iserlohn (95 000 Einwohner), im Sauerland, NRW
- Betriebsgröße: Landwirtschaft: 5 000 Legehennen in Bodenhaltung, 3 000 in Kleingruppenhaltung, 800 Gänse, 200 Puten, 75 ha Ackerbau, 15 ha Grünland
- Vermarktung: Hofladen Bauer Emde GbR, 5 Mitarbeiter in Vollzeit und 10 Teilzeitkräfte; Produkte: Eier, Brot, Kuchen, Konfitüre, Eingekochtes, Liköre, Gänse und Puten, bunte Eier aus der hofeigenen Lohnfärberei; Zukauf: Wurst, Hähnchen, Flugenten, Nudeln, Senf, Liköre, Saft, Wein, Obst, Gemüse der Saison, Deko
- Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 9 bis 12.30 und von 14.30 bis 18 Uhr, Freitag von 9 bis 18 Uhr und Samstag von 8 bis 13 Uhr