Grundsätzlich hat jede und jeder das Recht auf eine politische Meinung und darf diese frei äußern. Wenn jedoch Kunden oder Mitarbeiter bewusst das politische Gespräch suchen, ihre Ansprechpartner zur persönlichen Stellungnahme auffordern oder sich echauffieren, wenn deren Meinung nicht der eigenen entspricht, bedeutet das eine schwierige Situation für Direktvermarkter, Mitarbeiter und Kunden. Hier können gewisse Einschränkungen den Betriebsfrieden sichern und die Zusammenarbeit mit den Kunden versachlichen. Was ist rechtlich möglich?
Grundsätzlich endet das Arbeitsrecht vor dem Betriebseingang bzw. Arbeitsbeginn. Was ein Mitarbeiter außerhalb seiner Arbeitszeit macht, geht dessen Arbeitgeber nichts an, sofern kein Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Allerdings wird im Arbeitsverhältnis das Recht auf freie Meinungsäußerung durch die allgemeinen Schranken der Grundsätze von Treu und Glauben und die beiderseitigen Rücksichtspflichten eingeschränkt. Deshalb darf bei Auftritten außerhalb des Betriebs kein optischer oder inhaltlicher Bezug zum Arbeitgeber entstehen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Mitarbeiter in einem Video Dienstkleidung trägt, vor dem Hofladen für ein Bild posiert oder in einem Post seinen Arbeitgeber nennt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob Aussagen vor 20 Menschen in der Dorfkneipe oder in einem tausendfach aufgerufenen bzw. geteilten Post in einem sozialen Netzwerk erfolgen.
Innerhalb seines Betriebs verfügt der Arbeitgeber über das Direktionsrecht. Zwar dürfen Mitarbeiter ihre politische Meinung kundtun, nicht aber politische Streitigkeiten und Diskussionen anzetteln. Eine provozierende politische Meinungsäußerung kann dem Betriebsfrieden schaden und rechtfertigt arbeitsrechtliche Schritte. Gleiches gilt für das Tragen der Kennzeichen von Parteien oder politischer Ausrichtung auf der persönlichen Kleidung oder dem Eigentum des Betriebes, etwa Parteiaufkleber auf Arbeitsgeräten oder Firmenfahrzeugen.
Mitarbeiter kündigen?
Eine Kündigung ist arbeitsrechtlich das härteste Mittel. Es gibt sehr hohe Hürden, einem Mitarbeiter wegen politischer Äußerungen und Handlungen zu kündigen. Im Fall des Sylt-Videos, auf dem junge Menschen ausländerfeindliche Parolen grölten, gehen Arbeitsrechtler beispielsweise davon aus, dass weder eine außerordentliche noch ordentliche Kündigung vor einem Arbeitsgericht Bestand hätte. Es fehlt der Bezug zum Arbeitsverhältnis. Selbst wenn es im aufgeführten Vorfall auf Sylt zu einer Verurteilung käme, könnten daraus keine Kündigungen abgeleitet werden. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann einem straffällig gewordenen Mitarbeiter nur gekündigt werden, wenn sich die Straftat unmittelbar gegen den Arbeitgeber richtet oder im Zusammenhang mit der Arbeit begangen wurde. Sogar bei einer Haftstrafe wären Grenzen gesetzt. Liegt das Strafmaß unter zwei Jahre oder sitzt der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft, darf der Arbeitgeber dem inhaftierten Mitarbeiter nicht kündigen. Ausnahmen betreffen Verurteilungen im Bezug zur beruflichen Tätigkeit, etwa wenn ein Buchhalter wegen Unterschlagung verurteilt wird.
Wenn Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt wird, einer bestimmten Person zu kündigen, so kann dieser Druck einen zulässigen Kündigungsgrund darstellen. Die Hürden sind jedoch sehr hoch. Grundsätzlich muss sich der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht schützend vor seinen Mitarbeiter stellen. Weiterhin müssen erhebliche wirtschaftliche Folgen erwartbar sein. Ein Shitstorm in sozialen Medien, eine Demonstration gegen den Arbeitgeber oder Äußerungen von Politikern reichen zu einer Druckkündigung nicht aus, selbst die ultimative Drohung der Beendigung der Geschäftsbeziehung durch einen einzelnen Kunden nicht. Es sei denn, dieser ist von wesentlicher Bedeutung für den Betrieb.
Sensibler Umgang mit Kunden
Besondere Vorsicht gilt im Umgang mit Kunden. Small Talk gehört zum menschlichen Miteinander und wird im Hofladen von den Kunden oft erwartet. Im Umgang miteinander sollten aber unpolitische Themen gewählt werden. Über ihr betriebliches Direktionsrecht können Arbeitgeber politische Äußerungen seitens der Mitarbeiter gegenüber Kunden untersagen. Mitarbeiter, die meinen, sich dennoch positionieren zu müssen, sollten mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Schwieriger ist es, wenn der Kunde politisch wird. Besprechen Sie mögliche Reaktionen darauf mit Ihrem Verkaufspersonal. Am einfachsten ist die konsequente Absage politischer Diskussionen. Kommunizieren Sie offen: „Über politische Themen möchten wir nicht sprechen.“ Dennoch müssen sich Inhaber und Mitarbeiter unter Umständen einiges anhören. Dabei befinden sie sich in einem Spannungsfeld, schließlich ist der Kunde König. Nicht selten gilt es, die Ohren auf Durchzug zu stellen. Verfassungsfeindliche Äußerungen müssen Sie nicht dulden. Hier besteht allerdings oftmals Unsicherheit darüber, wo diese beginnen bzw. aufhören. Mitarbeiter und Betriebsinhaber sollten sich darüber absprechen, ob und wie der Kunde zu einer Verhaltensänderung aufgefordert wird und/oder die Geschäftsbeziehung abgebrochen wird oder unter Umständen sogar Strafanzeige gestellt wird