Seit dem Frühjahr hat die Corona-Pandemie einen großen Einfluss auf landwirtschaftliche Betriebe: Arbeitskräftemangel bei der Saisonarbeit, Absatzschwierigkeiten von Produkten wegen geschlossener Gastronomie und das Leben mit Risikopersonen. Wissenschaftler/innen der Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft, haben herausgefunden, wie Landwirt/innen die aktuelle Situation bzw. die Lage im Frühjahr bewerten.
Betriebsablauf
Grundsätzlich ist das Stimmungsbild unter den Landwirt/innen im Spätsommer etwas optimistischer als zu Beginn der Krise Anfang April. Mehr als die Hälfte bewerten ihren betrieblichen Umgang mit der Krise als gut bis sehr gut. Die Krisensituation wirkt sich wenig auf den Betriebsablauf aus: Insgesamt betrachtet kam es zu mittelmäßigen bis schwachen Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs im landwirtschaftlichen Sektor. Am stärksten waren die Betriebsbereiche „Vermarktung der Erzeugnisse“ und „Viehhandel“ betroffen. Gleichzeitig berichten einige von positiven Veränderungen durch die Krisensituation im Betrieb: Die Suche nach Arbeitskräften sei mit weniger Aufwand verbunden gewesen und aufgrund weniger Termine blieb mehr Zeit für den Betrieb, ihre Familien und die Freizeit.
Vermarktung
Knapp die Hälfte der Direktvermarkter/innen und ein kleiner Teil der Nicht-Direktvermarkter/innen geben an, dass sich für sie durch die Corona-Pandemie neue Vermarktungswege ergeben haben. Dem stimmen ein halbes Jahr nach der Pandemie sowohl ein kleiner Teil der Betriebe zu, die keine Direktvermarktung anbieten als auch diese, die Direktvermarktung anbieten. Unter direktvermarktenden Betrieben hat der ab-Hof-Verkauf (insb. Kartoffeln, Milch, Eier) deutlich zugenommen, was bis in den September zum Teil anhielt. Auch gab es rinderhaltende Betriebe, die aufgrund steigender Nachfrage vor Ort ihre Schlachttiere an regionale Vermarkter absetzen konnten, welche sie im Normalfall über den Großviehhandel verkauft hätten. Vereinzelt wurde der Online-Handel zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte genutzt. Spargel konnte teils statt an Restaurants vermehrt an Direktkund/innen vermarktet werden. Dies zeigt das veränderte Kaufverhalten auf Seiten der Verbraucherschaft.
Ängste
Ähnlich wie zu Beginn der Pandemie zeichnet sich nun auch ab, dass wirtschaftliche sowie persönliche Ängste unter den Landwirt/innen bestehen. Am größten sind die Ängste, ein Familienmitglied mit oder ohne erhöhten Infektionsrisiko anzustecken als auch die vor Einkommenseinbußen und einer Weltwirtschaftskrise. Es zeigt sich außerdem, dass inzwischen mehr als noch zu Beginn der Pandemie Angst vor fehlender Kinderbetreuung und vor Einsamkeit besteht. Im Großen und Ganzen jedoch zeigen die Ergebnisse, dass sich die Landwirt:innen der Situation im September emotional besser gewachsen fühlen als zu Beginn der Pandemie Anfang April. Ähnlich wird auch der betriebliche Umgang mit der
Verantwortung: Lebensmittelversorgung
Gleichzeitig empfinden viele besonders in dieser Zeit stets eine große Verantwortung bei der Produktion wichtiger Grundnahrungsmittel: Landwirt:innen sind der festen Überzeugung, dass die regionale Lebensmittelversorgung durch kürzere Wege und regionale Selbstständigkeit widerstandsfähiger und stabiler für Krisenzeiten gerüstet ist. Demzufolge legen die Ergebnisse nahe, dass die Krise die Bedeutung regionaler Wertschöpfungsketten betont und dies ein besonders wichtiges Anliegen der Landwirt/innen ist.
Die Befragung wurde durchgeführt von Carla Ollier und Jessica Berkes, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Agrarwirtschaft, Fachgebiet Marktlehre bei Prof. Marcus Mergenthaler.
Die kompletten Ergebnisse finden Sie hier.