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In Zeiten von Corona: Was tun ohne Touristen?

Für Jens Hartmann, Chef vom Hofladen Föhrer Inselkäse, wird die Corona-Pandemie zum Desaster für seine Direktvermarktung.

Jens Hartmann spürt die Auswirkungen der Corona-Pandemie extrem stark. (Bildquelle: F. Schildmann)

Jens Hartmann produziert und vermarktet auf der Insel Föhr würzigen Rohmilchkäse, Joghurt, Quark und Butter (Siehe „Insel & Käse: Genussvoll urlauben“, Folge 2/2020). Seine Produktion hat der Direktvermarkter voll und ganz auf das Ostergeschäft ausgerichtet. Wegen der Corona-Pandemie dürfen keine Touristen auf die Insel, somit ist der Hauptabsatzweg für Familie weggefallen. Wir haben mit Jens Hartmann gesprochen:

HOFdirekt: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie und wie ist die aktuelle Lage auf der Insel?

Jens Hartmann: Gesundheitlich geht es uns gut. Aktuell ist auf der Insel noch kein Fall mit einer Coronaerkrankung bekannt. Inzwischen sind keine Touristen mehr auf der Insel. Hier ist es aktuell noch leerer, als im ruhigsten Monat des Jahres und das ist der Februar.  Wir 8500 Insulaner sind jetzt quasi nur noch für uns.

HOFdirekt: Was bedeutet das für Ihre Vermarktung?

Jens Hartmann: Wir stehen vor schwierigen Zeiten, da wir den Tourismus zum Überleben brauchen. Ab Montag schließen wir vorerst den Hofladen bis zum 20. April. Im Laden war einfach nichts mehr los. Einheimische Kunden können aber weiterhin Milch von unserer Milchtankstelle zapfen. Aktuell hat sich hier der Absatz von bis zu 100 Liter auf 10 bis 15 Liter pro Tag reduziert. Auch der 24-Stunden-Verkaufsautomaten mit Käse und Co. bleibt bis auf Weiteres in Betrieb.

Außerdem wird unser örtlicher Einzelhandel und der Handel auf der Insel Amrum weiterhin mit Käse und Joghurt beliefert. Hier rechne ich ebenfalls mit starken Umsatzeinbrüchen, da die Touristen als Kunden fehlen. Aktuell produziere ich lediglich kleine Mengen Joghurt für den Handel.

HOFdirekt: Produzieren Sie noch Käse?

Jens Hartmann: Nein, ich musste die Notbremse ziehen und die Produktion einstellen. Aktuell ist die Ware für das Ostergeschäft produziert. Somit ist das Lager zu 2/3 gefüllt. Das Lager darf ich auf keinen Fall komplett auslasten, damit ich noch Platz habe, um jungen Käse zu lagern, wenn das Geschäft wieder losgeht.

Ich zerbreche mir gerade den Kopf, wie ich strategisch am besten vorgehen soll. Sicherlich kann ich einen Teil des Bestandes noch ein paar Monate weiterreifen und somit veredeln lassen. Im normalen Tagesgeschäft ist genau das immer mein Wunsch, aber aufgrund der hohen Nachfrage komme ich nur selten dazu.

Beispielsweise hilft es mir nicht, den Käse stückweise zu vakuumieren und so zu lagern, da er so verpackt maximal zwei Monate haltbar ist. Erleichtert bin ich, dass mein Kooperationspartner, von dem ich die Milch beziehe, nun seine Milch komplett an die Molkerei liefern kann.

Da ich nicht weiß, wann die ersten Touristen wieder zu uns auf die Insel dürfen, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht planbar, ab wann ich wieder Käse herstellen kann.

Gerade sind wir mit der Erweiterung des Hofladens fertig. Um uns finanziell zu entlasten, haben die wir die Tilgung der Kredite bei der Bank vorerst ausgesetzt.

HOFdirekt: Welche Konsequenzen hat die Coronakrise für Ihre Mitarbeiter?

Jens Hartmann: Für meine Mitarbeiter habe ich gerade Kurzarbeit beantragt. Demnach würden sie für die Ausfallzeit etwa 60 bis 70 % vom Nettolohn erhalten. Außerdem übernimmt der Staat die Sozialabgaben, die ich eigentlich tragen müsste. So zumindest mein aktueller Infostand. Deshalb warte ich nun ab, wie das Arbeitsamt auf meinen Antrag reagiert.

HOFdirekt: Was unternehmen Sie, um Ihren Käse zu vermarkten?

Jens Hartmann: Wir bieten einen Lieferservice an, dieser wird aber bis dato noch nicht angenommen. Positiv ist, dass das Versandgeschäft leicht zunimmt. Mit diesem Service werben wir auf der Homepage und in den sozialen Medien. Per Newsletter und per Postweg wollen wir im nächsten Schritt unsere Stamm-Urlauber informieren, dass sie zwar nicht zu uns auf die Insel kommen können, wir aber zu Ihnen ein wenig „Inselgefühl“ direkt ins Haus schicken. Hierzu überlegen wir uns gerade ein spezielles Frühlings- oder Osterangebot.

HOFdirekt: Wie sieht es bei den Wiederverkäufern aus?

Jens Hartmann: Aktuell hätten wir gerne mehr Wiederverkäufer als Kunden, das würde uns helfen, damit wir unsere Ware weiterhin absetzen können. Interessierte Direktvermarkter dürfen unseren Inselkäse gerne mit ins Sortiment aufnehmen.

HOFdirekt: Wie ist Ihre Prognose für die Zukunft?

Jens Hartmann: Wenn ab Ende April wieder Touristen auf die Insel dürfen, können wir die aktuellen Verluste gerade noch auffangen. Sollte die Maßnahmen rund um die Corona-Pandemie bis weit in den Sommer gehen, wird die Luft für unseren Betrieb dünn.

HOFdirekt: Vielen Dank für das Gespräch. Bleiben Sie gesund! S. Jaisfeld

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